Also zuerst, ich mag diese Heatmaps! Heatmap steht für “Wärmebild”, nie war es einfacher, komplexe Inhalte grafisch so gut zu visualisieren, aber man sollte beim Einsatz unbedingt Einiges beachten:
Pro Heatmaps:
- gute, schnell erfassbare Aussage aus sehr großer Datenmengen bzgl. Dichte der Daten
- lenkt Aufmerksamtkeit
- für qualitative Interpretation OK
Contra Heatmaps:
- Kein/wenig/nicht sichtbarer Bezug zu Originaldaten – mitunter fragt sich der Benutzer, wie es zu dieser Dichte kommt – quantitative Aussagen können nicht gemacht werden
- Unscharfes Modell durch den (kritischen) Wert des Radius*. Wie kommt der zustande? Reale Werte durch Vorschrift (wenn ja, welche?), Ziel eine schönen Grafik, Zufall oder Defaulteinstellung, Screen- oder Realeinheiten?
Meine Empfehlung:
- mind. Radius angeben und begründen
- Originaldaten einblenden, wenigstens schaltbar
Weitere Details zu Heatmaps findet Ihr in “Was ist eine Heatmap?” [1]. Manche würden Heatmaps sogar eher abschaffen [3].
Der Radius* ist in der QGIS-Dokumentation [2] wie folgt erklärt:
* … “Radius: Wird verwendet um den Heatmap Suchradius (oder Kernbandbreite) in Metern oder Karteneinheiten anzugeben. Der Radius gibt den Abstand um einen Punkt ab dem der Einfluss des Punktes spürbar wird an. Größere Werte haben eine stärkere Glättung zur Folge, kleinere Werte können aber feinere Details und eine Abwechslung in der Punktdichte zeigen.” [1]
Ich habe mal versucht, das Ganze mit den Apothekenstandorten von Halle (Saale) zu verdeutlichen. Die Daten stammen aus dem OSM-Projekt uns wurden mittels QuickOSM-Plugin ins QGIS übernommen. Dort dann mit der Symbolisierung “Heatmap” für mit 1000m, 2000m und 3000m Radius visualisiert. Welcher der drei Radien verdeutlicht nun die hallesche Apothekendichte am besten? In jedem Fall bemerkenswert die hohe Dichte am Markt und am Reileck – mindestens drei Apotheken auf engstem Raum.
Ihr könnt gern in den Kommentaren Eure Erfahrungen zu Heatmaps ergänzen …
[1] … https://www.omt.de/lexikon/heatmap/#worin-liegt-der-nutzen-einer-heatmap-analyse-von-webseiten-dank-w%C3%A4rmebild
[2] … https://docs.qgis.org/2.14/de/docs/user_manual/plugins/plugins_heatmap.html
[3] … https://geoobserver.de/2019/09/06/heatmaps-pro-contra/
Für Apotheken wäre der durchschnittliche Einzugsbereich als Radius sinnvoll.
Ein gutes Beispiel für (auch quantitative) Nutzung von Heatmaps: Dichtezentren des Rotmilans in Sachsen-Anhalt. Der Radius von 10 km um den Horstpunkt ist durch Telemetriedaten verifiziert. Im Ergebnis der Kerndichteschätzung erhält man eine lokale Dichte, die die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Milane wiedergibt. Bereiche mit hoher Aufenthaltswahrscheinlichkeit sind Dichtezentren (https://www.nul-online.de/verantwortungsart-rotmilan,QUlEPTYwMDU1MTAmTUlEPTExMTE.html?UID=ABB704A76E410D1401262CBEBB9FC5C222875C7A769E6C).
Ein weiteres aktuelles Beispiel: Rastvogel-Dichtezentren in Sachsen-Anhalt
(https://lau.sachsen-anhalt.de/wir-ueber-uns-publikationen/fachpublikationen/berichte-des-lau/vogelmonitoring-in-sachsen-anhalt-2020)
Danke Heiner!
>Für Apotheken wäre der durchschnittliche Einzugsbereich als Radius sinnvoll.
Genau der ist das Problem – wie kommt man zu einem durchschnittliche Einzugsbereich für Apotheken? Wer legt den wie fest, in Stadt, auf dem Land. In HAL Markt/Reileck wäre er dann fraglich? Früher galt z. B. mind. 10000 EW im Einzugsbereich der Apotheke. Heute eher Minuten? vgl. https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/arzneimittelversorgung-untersuchung-erreichbarkeit-apotheken/
Die Einzugsbereiche einzelner Apotheken in Halle sind mit Sicherheit unterschiedlich groß. Da wir es mit einer pauschalen Rastermethode zu tun haben, kann man weder vektorbasierte Wegelängen noch differenzierte Einzugsbereiche nutzen (allenfalls in der zusätzlichen Wichtung der Einzelpunkte). Zudem sollte die Punktmenge ausreichend groß sein, die Apothekenanzahl ist da schon grenzwertig.
Also doch nur eine Schätzmethode (heiß/kalt)?
Die Rotmilane haben es da einfacher, ihre Flugfähigkeiten sind einheitlicher und sie können Luftlinie fliegen (im Einzelfall ist’s dann doch differenzierter …).
Apotheken sind historisch dort anzufinden, wo Ärzt*innen ihre Praxen haben/hatten. Es besteht keine Versorgungs- oder Abdeckungspflicht, wie z.B. bei Briefkästen im Universalpostdienst. Ein Luftlinienradius ist daher IMHO irreführend.
Wichtiger wäre zu prüfen, ob an zentralen Plätzen eine Apotheke gut erreichbar ist. Sehr lustig ist Notdienst Arzt vs. Notdienst Apotheke. In vielen Kreisen muss man am Sonntag erst 15 km zum Arzt ins Nachbardorf fahren und dann nochmal 30 km ins andere Dorf, weil die Apotheke dort Notdienst hat.
Nicht alle räumlichen Probleme kann man mit Puffern lösen!
Genau! Das Beispiel zeigt deutlich, nur geometrische Regeln funktionieren hier nicht. Auch weitere Kriterien wie EW-Dichte, … helfen nur bedingt weiter. Es scheint noch völlig andere Mechanismen zu geben, ob eine Apotheke oder ein Geschäft funktionieren oder eben nicht. Reileck und Markt sind Beweis dafür. Oder umgekehrt, warum siedeln sich in anderen, scheinbar schlechter versorgten Bereichen nicht mehr Apotheken an? Gleiche Effekte können wir auch beim ÖPNV beobachten.